Der richtige Dreh

May 11, 2016

In einer mittelgroßen Abwasseranlage in Deutschland wurde Pionierarbeit geleistet: Die Schlammentwässerung wurde mit Hilfe einer hochgenauen Feststoffmessung von Valmet deutlich verbessert. Auf Wunsch unseres Kunden werden in diesem Bericht weder Namen der Mitarbeiter, noch der Standort der Abwasseranlage genannt.

Der richtige Dreh

Die automatische Regelung des Drehmoments der Zentrifuge durch die Messtechnik des finnischen Automatisierungsunternehmens ermöglichte nicht nur einen höheren Trockengehalt im Austrag und einen reduzierten Einsatz von Polymeren, sondern auch Einsparungen bei der Weiterverarbeitung.

Das für den Test ausgewählte Klärwerk ist für die Behandlung der Abwässer von rund 260.000 Einwohnern und örtlicher Industriebetriebe ausgelegt. Die 1996 in Betrieb genommene Anlage basiert auf einem Schlammbehandlungssystem mit einem anaeroben Faulbehälter und einer Schlammentwässerung mit einer Zentrifuge. Nach der Entwässerung liegt der Feststoffgehalt des Schlamms bei rund 30%. Der Austrag wird dann für die Weiterverarbeitung per Lkw abtransportiert.

Valmet LS (LS steht für Low Solids, also wenig Feststoffe) wurde Anfang 2014 an die Zentrat-Leitung, in der das Wasser aus der Zentrifugen zurückfließt, angeschlossen. Es befindet sich zehn Meter von der Zentrifuge entfernt an der Wand. Der Einbau war einfach und schnell erledigt und seither misst das System die Gesamtmenge an freischwebenden Feststoffen.

Der Wunsch, den Entwässerungsprozess auf Grundlage einer kontinuierlichen Messung des Feststoffgehalts im Zentrat noch genauer einzustellen, stand schon lange im Raum – konnte aber erst jetzt umgesetzt werden. Vor dem Einbau des Valmet LS wurde bereits mit einer Messmethode, die auf einer Messung der Wassereintrübung basierte, experimentiert – allerdings nicht mit dem angestrebten Ergebnis.

Erhöhung des TS Gehaltes am Zentrifugenaustrag

Nach Installation des Valmet LS wurden zunächst die Messdaten in das vorhandene Automatisierungssystem übertragen, so dass die Maschinenführer das Messsignal nutzen konnten, um die für die Erreichung des angestrebten TTS im Zentrat notwendige Differential-Drehmoment der Zentrifuge manuell zu justieren. Diese wurde dann mit der Erhöhung des Gesamtfeststoffgehalts im Austrag in Relation gesetzt.

Erst nachdem sich die manuelle Kontrolle des Entwässerungsprozesses aufgrund der erhobenen Daten über mehrere Monate als absolut zuverlässig erwiesen hatte, beschlossen die verantwortlichen Mitarbeiter, einen Programmierer zu beauftragen, damit dieser die vom Valmet LS gelieferten Zentrat-Messwerte zur Regelung in das PLS integriert. Seither werden deren Fliehkraft und Differential-Drehmoment automatisch geregelt. Die Variationen des TSS im Zentrat konnten so minimiert werden. Der TS-Gehalt des Austrags hat sich aufgrund der Erfahrungen von Valmet tatsächlich um bis zu zwei Prozent erhöht. Die damit reduzierten Transportkosten haben dazu geführt, dass sich die Investition in nur etwas mehr als einem Jahr bereits amortisiert hat.

Heute kann sich der Verantwortliche der Entwässerungsanlage einen Arbeitstag ohne das Valmet LS kaum noch vorstellen: „Dieses Messsystem ist für mich das wichtigste Instrument. Morgens, wenn ich in den Betrieb komme, schaue ich als erstes auf die Grafiken und prüfe, was sich in der Nacht abgespielt hat.“

Einfacher Test der Polymer-Effizienz

Übrigens hat sich das neue Messsystem auch als sehr nützlich bei der Überwachung und Beurteilung von neuen oder geänderten Polymeren erwiesen. Der TSS-Gehalt im Zentrat werde davon direkt beeinflusst und der LS-Messwert decke die Qualität des verwendeten Polymers sehr schnell auf, so ein Mitarbeiter der Anlage. Aufgrund dieser Messwerte kann der Betreiber also unmittelbar darauf schließen, welche Kosten im Falle eines Wechsels des Polymer-Anbieters oder –Typs entstehen würden. Damit sind auch aufwändige und langwierige Labortests nur noch in Ausnahmesituationen sinnvoll und angebracht.

Das mögliche Einsparungspotential im Bereich des Polymereinsatzes beziffert Valmet nach Berechnungen auf bis zu 15%. Zudem könnten nun auch die Produktqualitäten besser beurteilt werden. Die Polymeraufträge werden vom Klärwerk jährlich im Rahmen einer Ausschreibung vergeben. „Aufgrund der Messungen haben wir herausgefunden, dass das günstigste Polymer unter Umständen nicht das Beste ist“, bemerkte ein Mitarbeiter und erklärt angesichts der vielen genannten Verbesserungen: „Ich würde dieses System auf jeden Fall weiterempfehlen!“

Für den Verantwortlichen Mitarbeiter der Entwässerungsanlage bedeutet ein solches Projekt auch einen Motivationsschub. „Es macht Spaß, die technologische Entwicklung weiter voranzutreiben“, sagt er, „auch, weil es sich um eine sinnvolle Sache handelt“. Schließlich spare man nicht nur Kosten, sondern tue auch etwas für den Schutz der Umwelt.

 

*Den aktuellsten Zahlen des Statistischen Bundesamts zufolge wurden in Deutschland 2014 mehr als 1,8 Millionen Tonnen Klärschlamm (Trockenmasse) von öffentlichen Abwasserbehandlungsanlagen entsorgt. Damit war die Menge des entsorgten Klärschlamms im Vergleich zum Vorjahr um 1,2 % gestiegen. Mit rund 1,1 Millionen Tonnen (60 %) wurde der überwiegende Teil des Klärschlamms verbrannt, dieses entsprach einer Steigerung von fast 5 % gegenüber 2013.